Über die Grenzen der Sprache: Neue Wörter erfinden

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“

Ludwig Wittgenstein

Wir sagen wir haben einen Körper (The Book: On the Taboo Against Knowing Who You Are, Alan Watts). Wir sagen auch, dass wir eine Seele und ein Bewusstsein haben. Wir sagen: „Ich habe einen Kopf, eine Seele, ein Bewusstsein.“, doch was ist das Ich? Auch das Ego (lat. Ich) ist es nicht, da es in der Psychologie, im Sinne der Selbstbeobachtung, uns als Wesen beschreibt, wohl aber nicht unser Wesen (essentia), die Substanz, das Seiende. Das bedeutet wohl, wir sind das Seiende, das Sein per se (Ding an sich).

Die Gläubigen gehen davon aus, dass der Kosmos einen Schöpfer haben muss. Sie nehmen es an, weil es noch nicht erklärbar ist, was vor dem Urknall gewesen war. Man geht allgemein davon aus, dass aus dem Nichts nicht etwas entstehen kann, also muss schon etwas da gewesen sein. Sie können es sich nicht vorstellen, weil sie mit ihrem derzeitigen Bewusstsein darüber nachdenken.

Um dies herauszufinden erfordert es eine neue Art des Denkens...

Der Gottesbegriff, und unser Verständnis davon, hat sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt. Zwar werden die heiligen Schriften noch immer herangezogen, doch die Idee, dass ein Gott ein unendliches Universum erschaffen hat, ist relativ jung. Es ist also dieses Verständnis des Begriffes, das sich mit der Zeit verändert hat, weil sich unser Denken verändert hat.

Es braucht eine neue Art des Denkens… Erschaffe sie!

Wir haben also zwei Schwierigkeiten, wenn es darum geht etwas zu erklären, das es noch nicht gibt. Wir sind einerseits durch unsere Sprache (Wortschatz, Artikulation, Didaktik) als auch durch unsere Art zu denken beschränkt. Um aus diesem Gefängnis auszubrechen müssen wir uns daher Neuem bedienen. Dies kann ich jedoch hier nicht genauer erklären, weil ich dazu vorhandene Wörter und Konzepte verwenden müsste.

Das bedeutet, diese haben ausgereicht um unsere Welt, das Universum, uns selbst, so zu beschreiben, wie wir es bisher getan haben – allerdings nicht weiter. Dies gibt uns jedoch nicht die Erlaubnis, das Unerklärliche durch vereinfachte Theorien, wie ein höheres Wesen, Engel, oder Dämonen, zu definieren.

„For we think in terms of languages and images which we did not invent but which were given to us by society.“

Alan Watts, The Book: On the Taboo Against Knowing Who You Are

„we know the world in terms of the body, and in accordance with its structure.“

Alan Watts, The Book: On the Taboo Against Knowing Who You Are

Im Gegenteil zu dem, was Terry Eagleton in seinem Werk propagiert, ist es uns jederzeit möglich Wörter neu zu interpretieren oder ihnen eine neue Bedeutung zu geben:

„I cannot just make a word
mean what I want it to mean.“ 

Terry Eagleton, Meaning of Life – A Very short Introduction

Es passiert andauernd: in der Mathematik wird einzelnen Buchstaben oder Zeichen eine neue Bedeutung beigemessen. Die Philosophie beruht darauf, Wörter zu analysieren und die Mannigfaltigkeit der Wortgebilde sowie deren ausdrücklichen Bedeutungen in neuer Sichtweise zu definieren.

Die Vorschrift, man könne mit Sprache und Logik nicht tun und lassen was man wollte, setzt Grenzen auf, die es uns erschweren werden, Dinge genauer unter die Lupe zu nehmen, weil wir darauf beschränkt sind, was uns in den gegebenen Schranken erlaubt ist. Dies ist an sich schon eine Schwierigkeit und macht unser Vorhaben keinesfalls leichter. Das spricht natürlich gegen eine reine Wissenschaftslehre, wie wir sie versuchen wollen zu definieren.

„Die Darstellung erkläre ich selbst für höchst unvollkommen, und mangelhaft, teils weil sie für meine Zuhörer, wo ich durch den mündlichen Vortrag nachhelfen konnte, in einzelnen Bogen, so wie ich für meine Vorlesungen eines bedurfte, erscheinen musste; teils weil ich eine feste Terminologie — das bequemste Mittel für Buchstäbler jedes System seines Geistes zu berauben, und es in ein trockenes Geripp zu verwandeln — so viel möglich zu vermeiden suchte.“

Johann Gottlieb Fichte, Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre
Was ist uns in den gegebene Schranken erlaubt?

Ich weiß nicht, ob meine Worte für Sie einen Sinn ergeben – für mich ergeben sie einen Sinn. Ich habe sie geschaffen, um meine Gedanken und Gefühle auszudrücken, um der Welt um mich herum einen Sinn zu geben. Manchmal ergibt die Welt um mich herum auch für mich keinen Sinn, so dass es in Ordnung ist, wenn das, worüber ich spreche, für Sie nicht immer einen Sinn ergibt…

Ist das Erdenken einer weiteren Sprache von Nutzen, wenn uns doch nicht einmal die gegebenen Sprachen ausreichen, um alle Ideen zu kommunizieren?

Daniel Wieser, Schwierigkeit beim Schreiben