Nicht lineares lesen

Einleitung

Jedes Kind weiß, dass ein Buch aus folgenden drei Teilen besteht:

  1. Einleitung
  2. Hauptteil
  3. Schluss

Jedes Kind weiß auch, dass der Osterhase existiert. Vielleicht sollten wir also nicht soo viel davon halten, was Kinder wissen oder nicht wissen…

Der Aufbau

Die Ausnahmen bestätigen solange die Regel, bis sie selbst zur Regel werden. Nicht jedes Buch folgt diesem oben geschilderten Aufbau und es wäre dreist zu behaupten, dass es das muss. Manche Bücher können auch einfach nur Sammlungen verschiedener Briefe sein und haben damit eben nicht diesen Aufbau. Dann würde man aber argumentieren, dass die Briefe – also jeder für sich gesehen – solch einen Aufbau hat.

Unsere Lesegewohnheiten

Was hier aber viel wichtiger ist, dass wir uns nicht zu sehr darauf festnageln, dass ein Buch solch einen Aufbau hat und, dass wir alle Bücher so lesen müssen als hätten sie einen solchen. Unsere Lesegewohnheiten haben sich jedoch verändert. Wenn Sie Webseiten lesen,  dann haben nicht alle Inhalte einen solchen Aufbau – und dennoch kommen Sie sehr gut damit zurecht. Wir lesen Webseiten nicht linear, weil es keinen Anfang und kein Ende gibt…

Die Lesart…

Als Lesart bezeichnet man eigentlich unterschiedliche Bedeutungsvarianten, also die Interpretationen eines bestimmten Textes (z.B. des Korans). Der erste Schritt, um einen Text neu zu interpretieren, ist, ihn auf eine andere Art zu lesen. Damit meine ich, diesen Text in Bezug zu anderen Texten, und damit in Verbindung mit anderen Texten zu lesen. Deshalb sind Webseiten, die untereinander verlinkt sind, so interessant, weil sich dadurch eine vollkommen neue Lesart ergibt.

Die Erfahrung

Indem man von der einen zur nächsten Seite springt, offenbart sich dem Leser ein neues Buch – und für jeden Leser ist dieses Buch anders. Vielleicht bleibt ein Leser schließlich bei einem bestimmten Punkt stehen oder lässt sich von einem weiteren Link auf eine neue Seite lotsen. Das Ergebnis ist immer ein anderes und die Erfahrung immer eine andere.

Ich würde es langweilig finden, nur das zu lesen, was ich bereits weiß. Viele Blogs gehen diesen Weg, weil sich der Status Quo sehr gut verkauft – und damit auch besser gefunden wird. Ob das wirklich der Sinn eines Blogs ist, daran lässt sich Zweifeln. Ich würde es auch langweilig finden, nur einen Beitrag zu lesen, ohne auf einen weiteren verlinkt zu werden, in dem zu einem bestimmten Gedanken noch weiter geschrieben wurde.