Es gibt viel zu viel zu lernen…

Einleitung

Ich kann nicht mithalten.
Es gibt einfach zu viel zu lesen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas sagen würde. Ein Unwohlsein machte sich in mir breit. Ich hatte Panik. Mir wurde klar, dass, egal wie schnell ich lesen würde, es zu viel Material zu verschlingen gäbe. Nicht nur das, sondern je mehr ich lernte, desto mehr Material konnte ich verschlingen.

Nehmen Sie zum Beispiel die Bestsellerliste. Die meisten Bücher auf der Bestsellerliste könnte ein durchschnittlicher Erwachsener lesen, der keine besondere Ausbildung hat. Diese Bücher sind aus einem bestimmten Grund dort: Sie sind da, um zu unterhalten. Es handelt sich um Fantasy-Romane, Kochbücher, Science-Fiction, Krimis, Dramen, Romane, Biografien, … Alles, was man als Buch bezeichnen kann, findet sich dort.

Einführung in die Wissenschaften

Sogar erste Einführungen in Wissenschaften – also populärwissenschaftliche Bücher – scheinen praktisch zu sein. Sie sind gerade leicht genug zu verdauen und geben dem Leser das Gefühl, etwas Wichtiges gelesen zu haben. Das gibt einem auch das Gefühl, wichtig zu sein. 

Man glaubt, dass man nun in der Lage ist, den schweren Stoff zu bewältigen – nur um dann wieder festzustellen, dass diese Bücher nicht ausgereicht haben. Oder man versucht gar nicht erst, wissenschaftliche Materialien zu lesen, weil man mit dem, was man schon weiß, mehr als zufrieden ist. Das führt auch leider dazu, zu glauben, man wüsste mehr als genug. Man überschätzt seine Fähigkeiten…

Drei Arten von Ignoranz

Unwissenheit (engl. ignorance) ist ein Mangel an Wissen und Information. Das Wort „unwissend“ ist ein Adjektiv, das eine Person im Zustand der Unwissenheit oder auch der kognitiven Dissonanz und anderer kognitiver Beziehungen beschreibt und Personen bezeichnen kann, die sich wichtiger Informationen oder Fakten nicht bewusst sind.

Wikipedia

Nach Nottelmann (2015) gibt es drei Arten von Ignoranz:

  1. faktische Ignoranz (Unkenntnis einer Tatsache), 
  2. objektbezogene Unkenntnis (Unkenntnis über ein bestimmtes Objekt) und 
  3. technische Unkenntnis (fehlendes Wissen darüber, wie man etwas tut)

Wenn wir von Unwissenheit sprechen, gehen wir davon aus, dass es sich um etwas handelt, das man sich aussuchen kann, und müssen daher zu dem Schluss kommen, dass man sich dafür entscheidet, dumm zu sein.  Viele Menschen können jedoch nicht mit all den Informationen Schritt halten und entscheiden sich deshalb dafür, nicht überfordert zu werden. Ich weiß, das klingt wie eine faule Ausrede, um nicht mehr zu lernen. Wenn sie die Möglichkeit haben, ein Buch zu lesen oder fernzusehen, warum entscheiden sie sich dann nicht für das technischere/philosophischere/anspruchsvollere?

Unwissenheit ist ein Segen…?

Mit diesem Ausspruch legitimiert man sein Unwissen. Es ist in Ordnung, weniger zu wissen, denn mehr zu wissen ist anstrengend. Außerdem würde uns der Kopf platzen. Dass das nicht stimmt, wurde bereits mehrmals widerlegt. Doch es stimmt, dass es anstrengend ist.

„Konzentriere dich nicht so sehr auf die Hürde, sondern darauf, dass dir das Meistern dieser Hürde in Zukunft helfen wird. Indem du etwas meisterst, meisterst du nicht die Hürde, sondern dich selbst. Dadurch wirst du zum Meister.“

Daniel Wieser, Das werde ich nie lernen…!

Wir können noch nicht wissen, ob uns das Wissen, von dem wir nicht wissen, etwas bringen wird. Weil oftmals ist es nicht das Wissen per se, sondern die Aneignung dieses Wissens. Indem wir uns damit beschäftigen, lernen wir, mit schwierigen Situationen umzugehen, Probleme zu lösen, und nicht davor davonzulaufen.

Since we cannot know what knowledge will be most needed in the future, it is senseless to try and teach it in advance. Instead we should try to turn out people who love learning so much and learn so well that they will be able to learn whatever needs to be learned.“

John Holt

Je mehr man liest …

“The more that you read, the more things you will know. The more that you learn, the more places you’ll go.”

Dr. Seuss, I Can Read With my Eyes Shut

Je mehr man lernt, desto mehr kann man lernen, weil man nun Konzepte verstanden hat, von denen man vorher noch nicht einmal wusste. Ein Studium ist mehr als nur eine Ausbildung um danach (mehr) Geld zu verdienen. Es eröffnet dem Menschen weitaus mehr Türen, um sich in weiterer Folge in wissenschaftlichen fortzubilden. 

Es geht nicht nur um „Programmieren“ oder „Biologie“ oder „Physik“, sondern um die Fähigkeit, sich nun in Themen zu bewegen, zu denen man vorher nicht hin konnte. 

Durch die Eröffnung eines Fachgebietes habe ich nun die Möglichkeit mich noch mehr damit zu beschäftigen. Durch die Basis fällt es mir leichter mich noch tiefer damit zu beschäftigen. Doch hier kommt bereits ein Problem auf mich zu: Soll ich mich noch weiter vertiefen oder auch in anderen Bereichen lernen, von denen ich wenig bis überhaupt nichts weiß?

Kreativität wird leichter

Das Buch Range: Why Generalists Triumph in a Specialized World von David L. Epstein argumentiert, dass uns ein breites Wissensgebiet generell hilft aus einem großen Pool an Informationen zu schöpfen und mit Hilfe von Analogien leichter Probleme zu lösen. Je mehr Konzepte Sie lernen, desto mehr Analogien können Sie herstellen, desto leichter können Sie neue Konzepte lernen.

„Große Dinge können passieren, indem man jeden Tag nur kleine Dinge tut. Der Geist der Inspiration kommt zu Ihnen, wenn Sie die Arbeit tun. Sie kommt niemals vom Denken.“

Daniel Wieser, Jeden Tag ein bisschen…

„Der beste Weg, sich zu inspirieren, ist, jeden Tag etwas zu tun, um Ihr Ziel zu erreichen“

Daniel Wieser, Jeden Tag ein bisschen…

Die Kreativität ist kein Freund der Unwissenden. Wer nicht offen für neue Ideen ist, wird sie nie bekommen. Man muss eine aufgeschlossene Geisteshaltung kultivieren und Dinge lernen, die man heute vielleicht nicht braucht. Man weiß nie, wann die Kreativität zuschlägt, aber sie entsteht, wenn viele Ideen kombiniert werden. Suchen Sie nach Dingen, die Sie heute nicht verstehen, denn sie könnten Ihnen Ideen für das liefern, was Sie morgen lernen müssen.

„Approach your own personal voyage and projects like Michelangelo approached a block of marble, willing to learn and adjust as you go, and even to abandon a previous goal and change directions entirely should the need arise.“

David Epstein, Range

Die Ignoranz derzeit…

Nun zeigt sich vor allem während dieser Pandemie die Ignoranz – auf beiden Seiten. Das ist leider sehr ärgerlich. Man kann weder den einen noch den anderen davon überzeugen, sich mehr mit der Sache zu beschäftigen, worüber sie noch zu wenig wissen. Es ist der Glaube, der sie davon abhält. Die einen glauben der Regierung, den Ärzten, … die anderen glauben anderen.

Generell sollte man überhaupt niemandem glauben und die Zeit darin investieren, mehr über ein Fachgebiet zu lernen. Und damit meine ich nicht, fragwürdige Artikel zu lesen – denn auch Wikipedia ist nicht neutral – sondern wissenschaftliche Druckwerke. Etwas, das auch ein bisschen mehr Grips braucht. Denn schließlich hilft uns das nicht nur dabei, dass wir verstehen wie dieses oder jenes funktioniert, sondern wie wir uns in der Gesamtheit des Wissens zurechtfinden. 

Aktiv gegen Unwissenheit 

„Denn auch Bücher, die uns neue Ideen liefern, selbst wenn wir sie in nächster Zeit nicht realisieren können, weil uns die notwendigen Mittel fehlen, sind wertvoll. Sie verändern unser Denken, unsere Auffassung von der Welt, dadurch unser Handeln und langfristig unser Leben.“

Daniel Wieser, Beim Lesen langfristig denken…

„Vielleicht kannst du dadurch, indem du dich selbst veränderst, andere dazu motivieren, sich auch zu verändern. Und indem sich die Menschen verändern, verändert sich die Welt.“

Daniel Wieser, Willst du die Welt verändern?

Sich aktiv gegen eine Information zu entscheiden ist ein aktiver Schritt in Richtung Ignoranz. Entscheiden Sie sich nicht für Unwissenheit.

Fazit

Es gibt sehr viel zu lesen und noch viel mehr zu lernen.

Sollte man panische Angst davor haben,
weil man niemals alles lernen können wird?

Ich würde sagen: Man kann sich darauf freuen.