Eine Fortsetzung von Was sollst du lesen?
Einleitung
Die Amazon-Bestsellerliste hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Dieselben Produktivitätsbücher stehen noch immer, wie damals, auf der Bestsellerliste. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil die Bestsellerliste die Bestseller weiter vermarktet. Einen Bestseller zu schreiben ist nicht schwer, wenn man sich also an diese Gegebenheiten hält.
Doch darum geht es hier nicht…
Immer dasselbe…
Wer sich an Bestsellern orientiert bekommt eine Liste an Büchern vorgeschlagen, die regelmäßig gekauft werden. Populäre Bücher, die bestehende Meinungen forcieren und dieselben Ansichten immer wieder und wieder propagieren. Wer den Selbstoptimierungs-Gurus auf Instagram oder sonstwo folgt, wird erkennen, dass sich ihre Meinungen nicht sehr verändert haben.
Sie würden das vermutlich so argumentieren:
Wenn etwas funktioniert, warum sollte man etwas verändern?
Diese Ansicht ist richtig und dagegen gibt es auch nichts zu sagen. Das eigentliche Problem ist der Leser, der nach vielen Jahren immer wieder dieselben Bücher vorgeschlagen bekommt. Es liegt an ihm, neue Bücher zu finden, um sich mit ganz neuen Themen und Ansichten zu beschäftigen.
Doch mit welchen?
Eine Marketingstrategie?
Ich habe versucht mir Inspiration von einigen solchen Gurus zu holen, in der Hoffnung, es würden mir neue Bücher vorgestellt werden. Doch was sie tun, ist bereits bestehende Bestseller weiterhin zu pushen. Der Grund? Sie können damit nicht falsch liegen. Das ist eine Art von social proof – ich empfehle dir ein Buch, du schaust es auf Amazon an, siehst all die positiven Bewertungen, wodurch du glaubst, ich hätte dir ein gutes Buch vorgestellt.
Du vertraust mir nun und wirst weiterhin zuhören.
Wenn du allerdings diese Bücher liest – und ich meine, jedes einzelne Buch – dann wirst du schlussendlich feststellen, dass sie in ihrer Ansicht ähnlich sind und bestehende Strukturen und Philosophien bestärken. Oder du denkst nicht weiter darüber nach, konsumierst weiterhin brav diese Bücher, die – sagen wir es einmal freundlich – in einer einfachen Sprache geschrieben sind und implementierst somit die propagierte „Philosophie“.
Es ist eben leichter, sich einer bestehenden Meinung anzuschließen, als eine vollkommen neue zu präsentieren. Und es ist besonders leicht, einem Social Media Account zu folgen, der Bücher vermarktet, die sich als „Bestseller“ bereits bewährt haben. Doch nur, weil ein Buch ein Bestseller ist, bedeutet das nicht, dass du es lesen solltest – geschweige denn, dass es wirklich gut ist. Denn wer ist schlussendlich das Qualitätskriterium dieser Bücher?
Die Leser.
Doch auch darum geht es hier nicht…
Welches Buch wirst du eher kaufen? Eines mit 500-1.000 Bewertungen oder eines mit keiner Bewertung? Falls du Zweiteres gewählt hättest, dann darf ich dir gratulieren, dass du zu der Minderheit an Lesern gehörst, die sich auf neue Ufer wagen. Doch leider sind Algorithmen nicht darauf ausgelegt, dir neues Lesematerial zu präsentieren, das bisher noch keine Leser angezogen hat.
„Heute sind es nicht mehr die Staatsmächte alleine, die den Informationsfluss kontrollieren wollen, sondern Maschinen und Algorithmen.“
Daniel Wieser – Gibt es Zensur
Das ist das eine Problem….
Woher kommt Interesse?
Das Andere ist die Frage, wie man auf neue Themen kommt, wenn sie einem nicht vorgeschlagen werden. Woher kommt Interesse an einem neuen Thema? Und woher kommt der Mut und die Kraft sich damit – auch in späteren Jahren in seiner Freizeit – zu befassen? Nur wenige werden über Systemarchitekturen (Monolith vs. Microservices), Thermonukleare Astrophysik (Kernphysik und Astrophysik), Phänomenologie (Philosophie), oder sonst einem Thema lesen, wenn sie dieses nicht unmittelbar für ihren Beruf brauchen.
Hier kommt die Belletristik ins Spiel…
Vielleicht schreibt man ein Buch über einen Charakter, der sich mit diesen Themen beschäftigt, was die Leser dazu motiviert, sich ebenfalls mit diesen Themen zu befassen?
Wie soll denn jemand, dessen Hauptbestandteil seines Lebens darin besteht, eine Tätigkeit immer und immer wieder zu tun, auf den Geschmack eines neuen Themas kommen, wenn dieser noch nie davon gehört hat? Man will den Leser nicht damit überrumpeln und auch sonst kann man ihn schwer davon überzeugen, dass das Thema interessant ist – egal ob er es braucht oder nicht.
Lies was du…brauchst?
Viele haben außerdem die Einstellung zu Informationen, dass sie nur die Information „konsumieren“, die sie in dieser Situation brauchen. Das ist eine sehr kurzsichtige Einstellung. Auf diese Weise kommt man nie zu neuen Themen, die man nicht unmittelbar „braucht“. Dadurch kommt man aber auch niemals in die Situation diese Information brauchen zu können.
Es ist nicht nur so, dass man vieles, was man lernt, später nicht mehr braucht. Es ist auch so, dass man vieles gar nicht lernt, was man später brauchen könnte. Doch wir können derzeit vielleicht nur schwer beurteilen, was wir einmal brauchen könnten, weil sich unsere Wahrnehmung auf unsere Vergangenheit stützt. Da wir es bisher nicht gebraucht haben, warum sollten wir es in Zukunft brauchen?
Und was bedeutet es, etwas zu brauchen? Ist es nicht manchmal auch gut, etwas nicht brauchen zu müssen? Wäre es nicht vorteilhafter, das Wissen zu nutzen, das wir wollen – aber nicht, weil wir es brauchen?
Das zu lernen, was wir brauchen, ist eine sehr kurzfristige Sicht auf die Dinge, die Welt, das Leben. Wie können wir wissen, wie unser Leben in 10 Jahren aussieht? Wenn du ab heute jeden Tag eine Seite liest, bist du in 10 Jahren bereits einen Schritt weiter. Aber wir alle wissen, dass wir schneller lesen können, doch wir konzentrieren uns viel zu sehr, was wir in einer kurzen Zeit erreichen können. Doch wir unterschätzen, was wir in 10 Jahren erreichen können.
Ein Bachelor-Studium dauert 3 Jahre, ein Master-Studium 2 Jahre. Ein Buch mit 300 Seiten kann man in einem Monat lesen, die Basis einer Sprache lernt man in 3 Monaten. In 10 Jahren könnte man 120 Bücher lesen und damit bereits ein Experte auf einem Gebiet werden – vorausgesetzt, man will das auch. Oder man liest einfach nur mit Freude an der Sache. Vermutlich ist das der beste Tipp.
So halte ich es mit der chinesischen Sprache. Vermutlich werde ich kein Sinologe und meine sprachlichen Fertigkeiten in Chinesisch werden sich nicht mit einem Muttersprachler vergleichen lassen. Doch wen interessiert es dann noch, wie gut ich Chinesisch sprechen kann, wenn ich Spaß daran hatte, es zu lernen?
Ob ich es benötige oder nicht sollte nicht die Motivation sein. Schlussendlich ist es eigentlich irrelevant, ob wir es brauchen könnten oder nicht. Besser Wissen haben und es nicht zu brauchen als es nicht zu haben und nötig haben zu müssen.
Die alten Wege sind obsolet, aber Sie können von ihnen lernen…
Daniel Wieser, Die alten Wege
Allgemeinwissen?
Bücher über das Allgemeinwissen zu lesen um eben das zu wissen, was man allgemein weiß, halte ich nicht für sinnvoll. In diesem Beitrag zeige ich auf warum. Solche Bücher beruhen auf Faktenwissen. Das ist nicht das wichtige Wissen, wovon ich spreche.
Es ist wichtiger zu verstehen, warum etwas so ist, als zu wissen, wie es ist. Denn wie etwas ist, ergibt sich daraus, warum etwas so ist, aber nicht vice versa. Und zu wissen, warum etwas so ist, öffnet die Möglichkeit die eigene Ansicht zu hinterfragen, während die Tatsache um das Wissen, dass es etwas ist wie es ist, dies nicht tut.
Das eine hinterfragt.
Das andere nimmt die Tatsache als gegeben hin.
Fazit
Indem man aus Neugier hinterfragt und herausfindet, passiert noch etwas, das unglaublich wichtig ist: Man lernt immer neugieriger zu werden und zu verstehen, auch andere Dinge zu hinterfragen. Es ist ein niemals endender Prozess…